Eine Bekannte (Kollegin aus Berlin) hatte gestern beim Frühstück eine Familiendiskussion mit ihren beiden Kindern. Die waren am Freitag schulschwänzen. Für das Klima.
Abends erhielt sie von ihren Kindern auf die Frage: "Wie lange wollt Ihr das durchziehen?" die Antwort: "So lange, bis Eure Generation unserer eine bessere Welt hinterlässt. Eine gesunde Welt. In der wir wieder leben können." (sinngemäß)
Heute Morgen, in Absprache mit ihrem Mann, ging sie auf den gestrigen Abend ein. Sie sagte ihren Kindern, dass sie darüber nachgedacht habe und erkannt hat, dass sich etwas ändern muss. Zur Klimaverbesserung wird die Familie die beiden Diesel verkaufen und sich nur noch EIN neues Auto zulegen.
Fortan werden beide Kinder nur noch mit der S-Bahn oder dem Fahrrad zur Schule oder ihren Aktivitäten fahren. Um Strahlung zu vermeiden bzw. zu reduzieren, ist sie bereit, auf Mobiltelefone zu verzichten. Es wird nur noch eins für die ganze Familie geben, ohne Flatrate. Das ist gleichzeitig auch viel günstiger. Das Haustelefon wird, auch um "gefährliche Funkstrahlung" zu reduzieren, wieder eine Schnur haben. Jeder bekommt eins in sein Zimmer.Klamotten werden, um die Ausbeutung asiatischer Hilfsarbeiter oder gar Kinder zu reduzieren und um klimaschädliche Transportwege einzudämmen, nicht mehr in den einschlägigen Hip-Läden gekauft, sondern in Nachhaltigkeits-Stores. Davon gibt es reichlich in Berlin. Dass sie nicht immer modisch sind, wird hingenommen. Tiefkühlpizzen, Burger, Fast Food, Getränke in Plastikflaschen und abgepackte Lebensmittel werden reduziert bis abgeschafft. In einem Stufenplan. Es wird fortan mehr gekocht. Die frischen Lebensmittel dafür werden auf dem Markt gekauft. Bio muss nicht sein, wird aber angestrebt. Preisdifferenzen zu den bisherigen Lebensmitteln werden durch gemeinsame Reduktion der Haushaltskasse bzw. der Taschengeldkonten ausgeglichen. Revolution erfordert Opfer.
Meine Bekannte und ihr Mann sehen ein, dass sie bislang fast nur Fehler gemacht haben. Daher legen sie die Entscheidungen, das Klima zu verbessern und damit die Erde wieder lebenswert zu machen, in die Hände der Kinder. Bis Montagmorgen möchten sie daher, dass die Kinder einen Maßnahmenplan entwickeln, mit dessen Hilfe alles möglichst rasch angegangen wird. Dazu kann gern auch regelmäßiges Schulschwänzen gehören. Allerdings wird es keine Entschuldigungsschreiben geben, weder von ihrem Mann noch von ihr. Da das Teil der Revolution ist, müssen das die Kinder selbst regeln.
Termin ist Montag, 7:00 Uhr. Küche. Bis jetzt haben die Kinder nicht viel dazu gesagt. Aber es ist ja noch Zeit...
KARIN STAAB in Profil 5/2019; S. 40
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