Er habe schlecht kommuniziert, aber fachlich korrekt gehandelt, sagt Timmendorfs Burgermeister Robert Wagner nach den Asbest-Funden in der GGS. Drei Staubproben erweisen sich derweil als unbelastet.
LN Online 20.12.2019
Über die Asbestfunde in der Timmendorfer Gemeinschaftsschule hätten Politik und Schulleitung früher informiert werden müssen: Das hat Bürgermeister Robert Wagner(parteilos) am Freitag auf einer Pressekonferenz eingeräumt. In fachlicher Hinsicht habe die Verwaltung jedoch korrekt gearbeitet. Wagner richtete schwere Vorwürfe an Vertreter der Kommunalpolitik. Bei der Analyse von Staubproben aus drei Klassenräumen wurden derweil keine Asbestfasern nachgewiesen.
In Staubproben sind keine Asbestfasern nachgewiesen worden
"Gerade mir als Bürgermeister liegen das Wohlergehen und die Gesundheit meiner Bürger und ganz besonders der Schüler am Herzen", betonte Wagner. Er verwies darauf, dass erst unter seiner Leitung Schadstoffuntersuchungen an den Schulen in Auftrag gegeben worden seien, "vorher ist da nicht wirklich etwas passiert". Er habe auf den Gutachter vertraut, der keine weiteren Untersuchungen vorgeschlagen habe. Mittlerweile seien jedoch Luftmessungen in der GGS für den 30. Dezember angesetzt. Die Ergebnisse dreier Staubproben aus den Räumen A 0.2 (Gebäude Poststraße 36a) sowie C 0.2 und C 1.3 (Gebäude 36c) liegen inzwischen vor. Demnach wurden keine Asbest- oder künstlichen Mineralfasern (KMF) im Altstaub nachgewiesen – also in Staub, der älter als zwei Wochen ist.
Bei Untersuchungen in den Räumen der GGS-Strand Europaschule im Sommer dieses Jahres hatte ein Gutachter Asbest in diversen Bodenplatten sowie in Deckenplatten KMF festgestellt, die als krebserzeugend gelten. Diese Ergebnisse lagen der Verwaltung seit September vor, die Kommunalpolitik wurde aber erst Monate später auf Nachfrage eines Bauausschuss-Mitgliedes informiert. Danach gab die Verwaltung zudem ein Rundschreiben an die Eltern der insgesamt 537 Schüler heraus, die die GGS-Strand besuchen.
Bürgermeister blieb wegen einer Erkrankung in NRW
Weil diese Verzögerungen für großes Unverständnis sorgten, hatten Betroffene auf der Gemeindevertretersitzung am Dienstag, 17. Dezember, Gelegenheit zu einer Gesprächsrunde mit dem Gutachter und der Leiterin des Timmendorfer Bauamtes, Christina Bonke. Bürgermeister Wagner nahm nicht an der Sitzung teil, er hatte sich krankheitsbedingt abgemeldet. "Ich habe das erste Mal seit meinem Amtsantritt am 1. Juli 2018 gefehlt", erklärte er jetzt. Er habe aus gesundheitlichen Gründen nicht von einer Wochenendreise aus Aachenzurückkehren können. "Mein Verantwortungsbewusstsein dadurch infrage zu stellen, sollte bitte unterbleiben", sagte er.
Die Kommunikation über das Gutachten sei tatsächlich "nicht gut gelaufen", räumte der Bürgermeister ein. Grund sei die Personalsituation: "Ich habe bei meinem Amtsantritt keine gut funktionierende Verwaltung übernommen. Viele Posten waren damals unbesetzt, später kam es erneut zu Personalwechseln." Aufgrund personeller Probleme seien die jüngst vorgenommenen "Versiegelungen" der Böden in verschiedenen Klassenräumen nicht schon in den Herbstferien erfolgt, "das hat mich auch sehr verwundert", sagte Wagner.
Er bestritt zudem, seit Monaten von einem Aktenvermerk gewusst zu haben, in dem ein Gespräch zwischen Gutachter und Mitarbeitern des Bauamtes am 6. September protokolliert ist. Darin werden unter anderem weitere potenzielle Asbestvorkommen in Wänden, Fensterbänken und Lüftungskanälen erwähnt und die "umgehende Sanierung" empfohlen. "Von diesem Vermerk habe ich erst am 12. Dezember erfahren, das hat mich auch vom Stuhl gehauen", sagte der Bürgermeister. Auf die Frage, ob er die Verantwortung vor allem bei der Leiterin des Bauamtes sehe, erwiderte er: "Wir verstehen uns hier in der Rathausfamilie als Rathausteam."
"Auch Bürgermeister können Opfer von Angriffen werden"
Die Timmendorfer Politik wisse seit Jahren "um die schlechte Arbeitsstruktur und die gehemmten Abläufe in der Verwaltung", monierte Wagner. Durch die "medienwirksamen Auftritte der Politik haben die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in Politik und Verwaltung gelitten". Angst und Verunsicherung seien "keine gute Mittel", mithin sei es "kein Wunder, dass immer mehr Politiker, aber auch Bürgermeister aufgrund von Wut und Hass in der Bevölkerung dann Opfer von Anfeindungen und Angriffen werden, bis hin zur Körperverletzung". Er selbst habe derlei allerdings noch nicht erlebt, erklärte Wagner.
Die Stimmung an der GGS-Strand sei "nicht so unruhig wie erwartet", berichtete deren kommissarische Leiterin Esther Passig. Alle Lehrer seien vollständig erschienen, in einigen Klassen fehlten zwei bis drei Schüler. "Die Schüler und die Eltern stellen Fragen, und wir versuchen, so gut wie möglich Rede und Antwort zu stehen", sagte Passig.
Kommunalpolitiker sind über Wagners Äußerungen bestürzt
Als Zuhörer kamen zur Pressekonferenz auch die Kommunalpolitiker Michael Strümpell (BBNP-Fraktionschef), Andreas Müller (WUB-Fraktionschef), Jörn Eckert (SPD-Fraktionschef) und Sven Partheil-Böhnke (stellvertretender FDP-Fraktionschef). Sie zeigten sich bestürzt über die Ausführungen Wagners. "Ich hatte mehr Demut und Einsicht erwartet", sagte Eckert. "Stattdessen heißt es, dass wir keine Kritik üben sollen, weil dann angeblich mit Angriffen zu rechnen ist. Das ist unglaublich."
"Wir werden weiterhin nicht informiert", ärgerte sich Strümpell. "Anstatt die Fraktionsspitzen zu einem Gespräch ins Rathaus zu laden, wird eine Pressekonferenz abgehalten." Er verwies darauf, dass die Untersuchung an der GGS-Strand angeordnet worden sei, weil allgemeine Umbauten geplant seien, "und jetzt stellt sich Herr Wagner dar als derjenige, der dafür sorgt, dass Asbestvorkommen entdeckt wird". Müller bezweifelte die Sinnhaftigkeit der anstehenden Luftmessungen: "Nachdem alles abgeklebt worden ist, in den Ferien, wenn dort keine Bewegung herrscht – das können wir uns auch sparen." Auch Partheil-Böhnke hatte kein Verständnis für den Verwaltungschef: "Er begibt sich in eine Opferrolle, die ihm nicht zusteht, und projiziert eigene Fehler auf die Vergangenheit." Das Verhältnis sei "nachhaltig gestört".
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